Kopieren geht über Studieren
Art is theft. (Pablo Picasso)
Manchmal jedenfalls!
Manchmal genügen meine zeichnerischen Fähigkeiten einfach nicht, um das aufs Blatt zu bringen, was ich gern dort haben möchte.
Klar. Ich kann mich hinsetzen und üben, üben, üben, bis ich das Ganze zu meiner Zufriedenheit zeichnen kann. Über das Üben haben wir an dieser Stelle schon gesprochen. Es gibt aber auch Momente im Leben einer Künstlerin oder eines Künstlers (egal ob professionell oder hobbymäßig), da soll es etwas Bestimmtes sein auf deinem Bild.
Dann hole ich mir eine Vorlage und kopiere die.
Kopieren ist nicht gleich Kopieren
Was ich hier nicht meine, ist, ein anderes Bild oder Gemälde 1:1 zu übernehmen.
Zu Übungszwecken wurde in früheren Jahren kopiert, was das Zeug hält, denn indem ich mich mit Maltechniken beschäftige, die meine Meister verwendet haben, lerne ich sie selbst und kann sie später in eigenen Motiven benutzen.
Darum geht es mir hier nicht.
Hier geht es um Transfertechniken.
Mir geht es darum, ein Motiv ansprechend aufs Papier zu bringen.
Mein Selbstporträt zum Beispiel.
Oder meine Katze.
Oder eine Zusammenstellung der verschiedensten Elemente, die mein Bild später beinhalten soll.
Unterschiedliche Kopier-Techniken
Es gibt da die verschiedensten Methoden, die du verwenden kannst, um das zu bewerkstelligen. Einige davon zeige ich dir in dem Video auf dieser Seite.
Kopieren mittels Graphit
Diese Technik kennst du vielleicht noch aus der Schule:
Du färbst die Rückseite der Abbildung, die du gern auf deinem Malgrund haben möchtest, mit einem ganz weichen Bleistift ein. Bringe dazu so viel Graphit aufs Papier, wie nur geht. Am besten eignen sich dafür weiche Bleistifte ungefähr ab 4B oder weicher.
Als nächstes legst du die Seite mit dem Graphitabrieb auf dein Malpapier, das Motiv liegt also obenauf. Nun kannst du mit einem Schreibgerät deiner Wahl die Linien nachzeichnen, die du gern auf dem Malpapier hättest. Wenn du das Original-Bild nicht verändern möchtest, nutze dafür die Rückseite eines Pinsels.
Das Motiv schlägt sich dadurch auf den Malgrund nieder.
Denselben Effekt erzielst du mit Graphit- oder Kopierpapier.
Transparentpapier
Lege ein Blatt Transparentpapier auf das Motiv, das du übernehmen möchtest, und pause die Linien davon ab. Am Ende hast du das Motiv deiner Wahl auf dem Transparentpapier.
Blotted Line (nach Andy Warhol)
Als nächstes befestigst du dein Transparentpapier an einer Seite mit Klebeband auf deinem Malgrund, sodass der Klebestreifen eine Art Scharnier bildet.
Mit einem Stift, der viel Tinte abgibt (zum Beispiel eine Zeichenfeder), fährst du nun die Linien auf dem Transpartenpapier nach und schlägst das Papier rasch um auf den Malgrund.
Tupfe auf die nachgemalte Linie von der Oberseite her (wie das geht, siehst du im Video). Dadurch überträgt sich die noch feuchte Tusche bzw. Tinte auf das Malblatt.
Gehe auf diese Weise Stück für Stück vor, denn die Tinte oder Tusche muss noch möglichst feucht sein für die Übertragung.
Dadurch, dass du unterschiedlich Druck ausübst und die Tinte vielleicht schon unterschiedlich getrocknet ist, ergeben sich schöne Effekte – eine Verfremdung, die durchaus erwünscht sein kann bei Kopieren.
Digitale Helferlein
Ein Zeichentablet oder ein normales Tablet mit einer App für Zeichnungen (z. B. Photoshop oder Procreate) können hierbei gute Dienste leisten.
Hole dir das Motiv, das du kopieren möchtest, als Foto in das Programm, lege eine neue Ebene darüber und zeichne die Linien deines Motivs nach. Du kannst mit verschiedenen Ebenen verschiedene Motive in deine Zeichnung holen.
Drucke dann die fertige Zeichnung aus und nutze eine der obigen Techniken, um die Zeichnung auf dein Malpapier zu bringen.
Leuchttisch
Ob nun mit Transparentpapier abgezeichnet oder mit einer digitalen Anwendung erstellt: deine Zeichnung lässt sich wunderbar mittels eines Leuchttisches auf dein Malpapier bringen.
Diese Technik versagt zwangsläufig, wenn dein Malgrund eine Hartfaserplatte oder eine Leinwand ist. Hier wirst du zu anderen Kopiertechniken wie dem Graphitpapier oder dem Tuschedurchschlag greifen.
Bei allen Maltechniken, wo du auf Papier malst, eignet sie sich aber sehr gut.
Ein Leuchttisch ist ein flaches Gerät, das eine Hintergrundstrahlung erzeugt. Es gibt sie in verschiedenen Größen bis hin zu echten Tischen. Die gängigen sind aber nur so groß wie ein Malblock – A4 oder A3.
Befestige deine Zeichnung darauf und darüber legst du das Malpapier. Sorge dafür, dass es nicht verrutschen kann.
Nun schaltest du den Leuchttisch ein und kannst die Linien deiner Zeichnung in aller Ruhe nachziehen.
Erstaunlich: selbst durch dickes Aquarellpapier fällt Licht.
Alternative zum Leuchttisch: ein Fenster
Wenn du keinen Leuchttisch zur Verfügung hast oder nur ab und an einmal etwas auf diese Weise zu Papier bringen möchtest, kannst du deine Zeichnung plus Malpapier darüber auch gegen ein Fenster halten, hinter dem es gut hell ist.
Diese Haltung ist fürs Zeichnen zwar etwas unbequem, sie funktioniert aber tadellos.
Jetzt wünsch ich dir frohes Kopieren!
Und denk bitte daran, die Rechte der Urheber zu wahren, wenn du etwas abpaust. Auf der sicheren Seite bist du, wenn du Motive neu zusammenstellst und so die Bildaussage komplett veränderst.
Viel Spaß beim Ausprobieren wünscht dir
Andrea vom Atelier am Rain
Musik: Daylight to Midnight – Young Len (Thematic)