Tag 7: TET – Tu es trotzdem!

Warst du schon einmal beim Röntgen? Irgendwann in deinem Leben? Und was ist dabei herausgekommen? Hat man dabei entdeckt, dass in dir noch jemand wohnt und das für ganz normal gehalten? 

Vermutlich hat man nichts weiter entdeckt als das, was nun mal so drin ist im menschlichen Körper. Das ist gut so, denn das bedeutet: In dir lebt kein „innerer Kritiker“, kein „innerer Zensor“ und du hast höchstwahr­scheinlich auch keine „Schere im Kopf“. 

Diese Wendungen sind recht praktikabel, denn sie geben einem Phänomen einen Namen, den wir uns leicht merken können. Solche Personifizierungen aber bergen eine große Gefahr: Wir distanzieren uns von unserer eigenen Verantwortung und lasten all das einem Fremden an, was uns – in diesem Fall – vom Malen dessen abhält, was wir wirklich malen wollen. Auf diese Weise machen wir uns zum Opfer eines sehr mächtigen Feindes. Der „innere Zensor“ war’s. Ich kann ja nichts dafür.

All diese Phänomene sind jedoch keine Personen. Sie bezeichnen nichts weiter als eingefahrene Denk- und Verhaltensmuster, die dir ungefragt und mit perfekter Präzision in die Parade fahren, wenn du etwas tun oder sagen oder auch nur denken willst, das mit irgendwelchen negativen Erfahrungen oder schlicht deinem Erlernten kollidiert.

Die gute Nachricht: Gedanken können wir jederzeit neu wählen. 

So ist es auch beim Malen. Jedes Mal, wenn du eine Farbe wählst oder einen Strich machen willst und du stoppst, bevor du das tun kannst, war dein sogenannter „innerer Kritiker“ am Werk. Sofort hast du Kontrollgedanken wie „das tut man nicht“, „sowas sagt man nicht“, „grün und blau trägt die Sau“. 

Es kann ganz harmlos sein, was sich dir da eingeprägt hat aus deinem Umfeld. In bestimmten Situationen war es auch ganz nützlich, sich daran zu halten. Diese „Regeln“ haben dich beschützt und dir Anerkennung gesichert. 

Frag dich: dieser Gedanke, den ich da habe, dass Grün und Blau an­geblich nicht zusammenpassen, stimmt das wirklich? Nützt mir das heute noch irgendwie? 

Und dann: Tu es trotzdem!

Tu es einfach, was du vorhattest. Setz dich über diese begrenzenden Gedanken hinweg und erschaffe dir neue, solche, die dir heute lieber sind. Einer davon wäre: „Ich liebe blau und grün in der Kombination“. Als nächstes malst du blau und grün voller Freude auf dein Blatt. Vielleicht malst du sogar ein Gesicht in grün und Blau oder grüne und blaue Gänseblümchen oder einen grünen und blauen Hasen.

Du hast die Erlaubnis, alles zu malen, was aus deinem Herzen kommt. Sobald du ein Zurückzucken spürst: Tu es trotzdem!

Der Gedanke, der dich da abhalten will, ist ein Hall aus der Vergangen­heit. Denk einen neuen Gedanken.

Gib dir selbst aus vollem Herzen die Erlaubnis dazu.

Und wenn du jetzt denkst: das kann ich nicht: Tu es trotzdem.

Tu es trotzdem!

Sei die kompromisslose Malerin, die du sein möchtest.

Sei unaufhaltbar.

Tu es trotzdem!

Falls du einen Anfangspunkt für heute brauchst, setze einen Kreis in die Mitte des unteren Drittel deines Segments und male ihn und deiner Lieblingsfarbe aus.

Schreibimpuls: Schnippschnapp 

Überleg heute einmal und sammle in einem Schreibsprint (5 Minuten bei tickendem Küchenwecker), was dieser „man“ – dieses ominöse Wesen, das noch nie jemand zu Gesicht bekommen hat – dich alles lehrt. Schreib auch dazu auf, in welcher Situationen du selbst „man“ sagst.

Ich würde diesen „man“ ja wirk­lich gern mal treffen und ihn fragen, wie er dazu kommt, was ihn dazu berechtigt, sich ungefragt, flächendeckend und tief­greifend in unser Leben einzu­mischen.

Und dann würde ich ihm die knallrote Karte vors Gesicht halten, auf dem in dicken Buchstaben geschrieben steht: ACHTSAMKEIT! Denn das verscheucht alle „man“s der Welt, erlaubt dir Innehalten und Reflektieren und anschließend eine Reaktion oder Entscheidung, die du allein getroffen hast und die nicht irgendwelchen willkürlichen Regeln unterworfen ist, sondern nur deinen eigenen gehorcht.

Du tust es trotzdem!